Favelas - Yesterday, Today, Tomorrow
Brasiliens Armutsviertel unter die Lupe genommen - Arbeitsmaterialien
- Typ:
- Unterrichtseinheit
- Umfang:
- 42 Seiten (0,4 MB)
- Verlag:
- Mediengruppe Oberfranken
- Auflage:
- (2013)
- Fächer:
- Englisch
- Klassen:
- 11-13
- Schulform:
- Gymnasium
Die vorliegende Unterrichtseinheit beschäftigt sich mit Favelas, den illegalen Siedlungen in den Megastädten Brasiliens, die stark und unkontrolliert wachsen. Rio de Janeiro und São Paulo waren die bevorzugten Ziele der Hungerflüchtlinge, die in der Hoffnung auf ein besseres Leben alles zurückließen.
Im ersten Unterrichtsschritt “Favelas Yesterday” stellt sich Carolina Maria de Jesus vor. Sie ist die Verfasserin der Tagebuchaufzeichnungen, die unter dem Titel “Child of the Dark” erschienen sind. Carolina hat ihre Hoffnungen, in São Paulo Arbeit und Unterkunft für sich und ihre Kinder zu finden, schnell aufgeben müssen. Sie baute sich eigenhändig eine Hütte aus Abfallmaterial zusammen und suchte die Gegend ab nach Material, das man zu Geld machen kann, wie z.B. Altpapier.
Carolina erzählt ihre Lebens- und Leidensgeschichte aus den Jahren 1955 bis 1960. Sie lässt ihre Leser auch an den Schicksalen anderer Bewohner der Favela Canindé teilhaben, jedoch sind ihre Schilderungen distanziert und nüchtern. In ihre Schilderungen verwoben sind ihre Träume und die Sehnsucht nach einer besseren Welt, besonders für ihre Kinder.
Thema zu Beginn von Unterrichtsschritt 2 (“Favelas Today”) ist der Dokumentarfilm “Favela Rising”, der den Werdegang eines ehemaligen Drogendealers bis zu seiner Läuterung beschreibt. Durch die Musik mit seiner Afro-Reggae-Gruppe wird er zur Umkehr gebracht und versucht, durch diese Musik auch die jungen Menschen davon zu überzeugen, sich vom Drogenhandel abzuwenden. In einer unsicheren Umgebung gibt er den Jugendlichen Halt und wird von ihnen als Vorbild angesehen. Nach einem schweren Unfall gelähmt, durchläuft er einen unglaublichen Heilungsprozess und steht bald wieder auf der Bühne.
Favelas haben viele Gesichter; meist traurige, denn die Menschen dort werden nicht wahrgenommen – oder bewusst übersehen. Im Vorfeld der Fußball-WM 2014 und der Sommerolympiade 2016 werden die Bewohner vieler Favelas, besonders jener im Einzugsbereich der Sportstätten, mehr oder weniger freiwillig umgesiedelt.
Über all dem Leid, das über die Medien auch uns erreicht (Bilder von brennenden Favelas, Bilder von Morden), laufen wir Gefahr zu vergessen, dass auch in den Favelas ein ganz normales Leben möglich ist: mit Höhen und Tiefen, aber insgesamt doch lebenswert. Darauf geht der 3. Unterrichtsschritt, “Favelas Tomorrow”, ein.
In Zusammenarbeit mit Freiwilligen aus den Favelas veranschaulicht Google Maps, dass der Touristenmagnet Rio von oben wie eine riesenhafte Ansammlung von Favelas aussieht. Was für Stadtverwaltung und Tourismusbranche ein negativ besetztes Image erzeugt, ist für die Bewohner der Favelas wie ein Befreiungsschlag. Denn auch die, deren Stimmen selten gehört wurden, haben jetzt eine Möglichkeit zu kommunizieren und sich zu artikulieren. Sie vernetzen sich mit der Außenwelt, um ihren Lebensraum öffentlich zu machen – wenn auch manchmal mit eingeschränkten technischen Möglichkeiten.
Einer weiteren Möglichkeit, die Favelas aus ihrem “Dornröschenschlaf” aufzuwecken, hat sich Zezinho verschrieben. Er führt Touristen durch seine geliebte Favela Rocinha, wobei sein Oberkörper nur mit einem T-Shirt bekleidet ist, damit seine Favela-Tattoos auch gesehen werden können. Als DJ und eingefleischter Blogger kommuniziert er permanent im Nah- und im Fernbereich. Das ist gute Reklame für ihn, er verdient reichlich Geld und investiert dies in seine DJ-Schule, wo hauptsächlich junge Leute von der Straße unterrichtet werden. Er jedenfalls hat es geschafft, trotz seiner Herkunft erfolgreich zu sein. Allerdings hatte er auch günstige Startbedingungen.
Was wäre Brasilien ohne Fußball? Schon die ganz Kleinen, Mädchen und Jungen, geben ihr erstes öffentliches Debüt in der Favela und lernen schnell, mit Bällen aller Art umzugehen.
Der renommierte englische Fußballverein Tottenham Hotspurs machte sich auf die Suche nach Talenten und wurde in der Favela Moro dos Prazeres fündig. Neun fußballbegeisterte Jungen und ein talentiertes Mädchen wurden von den “Spurs” nach London eingeladen. Das war natürlich der Trip ihres Lebens, den sie nie vergessen werden. Wieder zu Hause angekommen, werden sie ihre guten Vorsätze, regelmäßig Englisch zu lernen und zu trainieren, sicherlich in die Tat umsetzen. Denn diese Chancen möchten sie nutzen.
Auch in der nächsten Unterrichtsphase ist Fußball ein Thema. Rio soll rausgeputzt werden, alles Imageschädigende muss im Hinblick auf den FIFA-World Cup verschwinden oder übertüncht werden. Zu Wort kommt der Bürgermeister von Rio, Eduardo Paes, mit seiner Vier-Säulen-These zur Stadterneuerung. Diese bleibt allerdings (noch) Zukunftsvision, denn die Investitionen gehen jetzt erst einmal in die Sportstätten und die (verkehrs-)technische Infrastruktur.
Schließlich erweitert das Projekt São Paulo Calling die Perspektiven über die brasilianischen Favelas hinaus in andere Länder. Durch Austausch von Gedanken und Forschungsergebnissen versuchen viele Engagierte, im globalen Netzwerk Anregungen zu Lösungsmöglichkeiten gravierender, aber doch sehr unterschiedlicher Probleme in den Favelas, Bidonvilles, Slums, Shanty Towns, Squat-ters oder Settlements zu erhalten. Die Bildmaterialien sind sehr informativ und veranschaulichen das Leben von Bewohnern in Rom, Mumbai, Medellin, Nairobi, Moskau und Bagdad.
Die einzelnen Unterrichtsschritte im Überblick:
- 1. Schritt: Favelas Yesterday
- 2. Schritt: Favelas Today
- 3. Schritt: Favelas Tomorrow
Kompetenzen und Unterrichtsinhalte:
* Die Schülerinnen und Schüler lernen Bewohner von Favelas in unterschiedlichen historischen Kontexten kennen.
* Sie sind in der Lage, die jeweils typischen Lebensbedingungen anhand der Materialien inhaltlich zu erfassen und sprachlich angemessen zu artikulieren.
* Sie entwickeln Verständnis für Menschen und ihre Probleme in Schwellenländern” und ziehen konkrete Schlussfolgerungen.
* Sie zeigen die Fähigkeit, im Internet sach- und aufgabenbezogen zu recherchieren.